Werte haben was mit sozialen Positionierungen zu tun. Genauer: mit sozialen Beziehungen.
Was soll das heißen? Werte haben was mit dem Geschmack, dem Habitus zu tun: was finde ich gut, was finde ich schön - was stoße ich ab, was finde ich doof oder häßlich. Kulturen sind Wertesysteme. Kulturen sind auch Verstehensgemeinschaften, dass gleiche Dinge mit Zeichen wie der Sprache verknüpft werden, aber nicht nur Frau=die anatomisch weibliche Person, sondern eben auch Werte, wie Frau=das schöne Geschlecht. Und das hat auch was mit sozialen Beziehungen zu tun, weil Werte nicht universell sind - ich als heterosexuelle Frau muss nicht männlich sein, aber mein Gegenüber mag ich dann anscheinend in einer bestimmten Form von Beziehung nur, wenn er männliche Eigenschaften hat, die ich dann eben schön finde. Trifft zwar nicht immer zu, das ist aber egal. Ich finde jemanden in einer bestimmten Position, die es zu mir verhaltend gibt, nur gut, wenn bestimmte Werte erfüllt werden.
Man spricht mit Leuten über Dinge, um soziale Beziehungen auf zu bauen. Denn so schafft man eben Beziehungen oder sucht nach vorhandenen - was mag man? Und sind die anderen nicht doof, weil sie es nicht mögen? Was, du hast den Film auch gesehen und du findest die gleichen Stellen lustig wie ich? Wir sind Freunde. Denn positiv verortet man sich meist zu Personen, die gleiche Wertesysteme haben. Das drückt sich in einem bestimmten Kulturkreis aus, in Subkulturen, in Habitus, Mode und das alles natürlich in der Sprache. Bei Freunden geht es meist um eine Wir-Gemeinschaft. Denn alleine im weiten Feld, auch im richtigen Bourdieu-Feld, macht es keinen Spaß, was hat man dann schon von seinen Werten. Auch wenn man sich auch nur damit allein gut fühlen kann - ist man denn nicht besser als die anderen?
Wir - Ihr - Sie. Wir, das Gegenüber und die Anderen. Und schon habe wir eine halbwegs organisierte Gesellschaft. Denn die mit den gleichen Wertesystemen gruppieren sich gerne. Bloß es gibt ein Problem: Die mit den anderen Wertesystemen sind doof, es gibt nicht einfach nur ein Nebeneinander, da entstehen diese Hierarchien.
Leben macht Spaß. Und beim Leben verortet man sich sozial, weil man eben immer bei dem was man gut findet, ausdrückt, aus welcher Position und welchem Wertesystem heraus man spricht. Ich spreche über uns, das macht Spaß. Ich spreche über die anderen, das macht auch Spaß, dann verstärke ich nämlich unser Wir-Gefühl. Ich lästere gerne, das macht auch Spaß. Und das bedeutet Be-werten. Wo es aber schwierig wird: Sich selbst zu bewerten und nicht einfach nur gut zu finden. Denn das bedeutet eine Außenposition zu sich und seiner Gruppierung einnehmen, dann kann man nicht so einfach glücklich vor sich hinleben. Was ist Bewerten? Meist abwerten, oder na ja - zu dem eigenen Wertesystem in Bezug setzen. Ich finde das halt nicht so gut und das finde ich gut. Von einer Außenposition zu sich selbst muss man aber von dem eigenen Zentrum, der eigenen Sonne im Universum absehen und Wertesysteme in Relation zueinander setzen, damit das andere nicht einfach das Bewertete und damit Abgewertete ist. Das macht keinen Spaß, das gefällt mir nicht - es ist ja auch außerhalb einer solchen durch Kategorien verursachten Verortung eines Gefällt mir. Facebooks Daumen-Hoch-Klicks sagen etwas über die Personen aus, aber über die ganze Strukturierung dieses Plattformsystems zu sprechen, ist etwas anderes, da muss man vom eigenen Wertesystem abstrahieren. Aber das kann auch Spaß machen, jeder macht sich darüber lustig, dass Facebookfreunde nicht unbedingt echte Freunde sind, aber auch dieses Abwerten ist nichts anderes als eine soziale Positionierung.
Innerhalb einer Gruppe, in der ich bin, fällt es mir leicht, einfach so zu leben. Wenn und weil uns allen das gleiche gefällt. Wenn ich aber nun nicht in einer Gruppe bin, außen stehe - aber gerne in die Gruppe reinmöchte, ich aber nicht akzeptiert werde, weil ich es nicht schaffe durch die Sprache ein ähnliches Wertesystem auszudrücken, dann entwickle ich vielleicht ein Verhalten: Wie komme ich rein? Und wenn man die Sprache nicht sprechen kann, lernt man vielleicht, die Sprache zu Analysieren. Um sich das anzueignen, um mitsprechen zu können. Und irgendwann klappt es, ganz automatisch. Bloß was einen aus der Gruppe gleich wieder rauskatapultiert: Innerhalb der Gruppe die Gruppe zu analysieren. Das macht man nicht von drinnen, nur von außen. Drinnen ist das Leben, da will man keine Außensicht. Und schon ist das Vokabelnlernen dahin. Und wenn man bei der Punkergruppe zu dem pinken Iro noch eine teure Markenjeans kombiniert hat, dann merkt die Gruppe auch: da stimmt was nicht. Denn auch Kleidung ist eine Sprache, wie alles mögliche am Verhalten, die eben Zugehörigkeit ausdrückt. Wie auch Wertesysteme - wie, du unterstützt den Kapitalismus? Du bist kein sich gegen Kleidungsnormen auflehnender Punk. Irgendwie muss man lernen, das Analysierte auch authentisch auszudrücken und eben nicht nur aufzusagen.
Ich forsche gerne. Ich spreche gerne über das Verhalten von Menschen, aber auch über mein eigenes. Wahrscheinlich hat das was mit irgendeiner Außenposition zu tun. Beobachten, um zu gucken, wie man in die Gruppe reinkommt. Analysieren - das tue ich in der Uni auch, weite aber es auch ins Private aus. Ich habe keine Berufskrankheit, ich habe mir die Krankheit zum Beruf gemacht und drücke mich nun demensprechend legitim und nicht mehr krank aus. Das bedeutet, ich nerve nicht mehr alle mit meinem Analysieren, ich studiere Analysieren (es heißt ja auch wirklich herzlich Kulturanalysen), nerve immer noch, manche sprechen aber mit mir gemeinsam so. So kann auch das außerhalb einer Wertegemeinschaft sein produktiv umgesetzt sein, so kann man gemeinsam mit anderen darüber sprechen. Auch wenn es dann manchmal auch ganz schön ist, einfach das Wir-Gefühl auszuleben.
Feldforschung heißt nach Roland Girtler, die Sprache sprechen zu lernen.
wenn ich etwas doof finde, dann muss ich es beforschung, um mein wertesystem zu relativieren und aus dieser beziehung, in die ich einfach superstark involviert bin, etwas positives - nämlich verständnis - zu ziehen.
analysieren - position
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